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Tipps: Vergaserabstimmung, Übersetzung, wichtige Reparaturen, Bremsen, Radlager, Verschleißteile

Es ist vollbracht!!!

Meiner KTM ist passiert, was sich andere Einzylinder-Sportenduros nur wünschen können.

Sie hat 100.000 km auf dem Buckel!!!

Das, wohlgemerkt, ohne daß der Kolben jemals das Tageslicht gesehen hat. (Außer durch das Zündkerzenloch beim fälligen Kerzenwechsel.)

Hier nun der "Lebenslauf" meiner LC 4:

Im August 1994 kaufte ich eine 1991er  LC 4 600 vom dritten Besitzer mit einer Laufleistung von nur 4000 km. Die ersten Drei sind wohl immer nur zum Eiscafé gefahren...
Dafür sah die Maschine aber auch aus wie neu.

Es war ursprünglich eine Competition mit Aluauspuff und Aluheck. Sie war, wie in Deutschland vorgeschrieben, auf 17 kW gedrosselt. Das Stahlheck mit Fußrastenauslegern und Beifahrergriffen sowie der 50 PS Entdrosselungssatz wurde mir mitgegeben. Es fehlte das Werkzeug und die Betriebsanleitung.

Auf dem Aluschild und im Fahrzeugbrief steht die Fahrgestellnummer 91 04 93133. Die eingestanzte Nummer im Lenkkopf lautet jedoch 91 03 93133!
Soweit ich weiß bedeutet "03" bzw. "04" lediglich März bzw. April; in Deutschland kann es aber Schwierigkeiten mit dem TÜV geben. Als ich die Maschine vorführen mußte wurde es zum Glück übersehen. Maßgeblich ist außerdem die eingestanzte Zahl auf dem Lenkkopf uind nicht die auf dem
Typenschild. Erst bei der Überprüfung des Fahrzeugscheins fiel mir die Differenz auf.

Die Änderung des Fahrzeugbriefes auf 50 PS, den dazu nötigen Stahlauspuff, ein Chassis-, ein Motordatenblatt und eine Reparaturanleitung besorgte der freundliche KTM-Händler Staab in Aschaffenburg.
Vergaserabstimmung: Nach der Entdrosselung mit den vorgeschriebenen Mitteln lief der Motor viel zu fett und rußte bei Vollgas wie ein Diesel-Lkw am Berg. Diese Abstimmung stimmt nur für fahren ohne Luftfilter aber welcher halbwegs vernünftige Mensch macht das schon?.Bei gut eingeöltem Luftfiltereinsatz kommt es dann zu der Überfettung. Durch Verwendung der Nadeldüse aus dem Drosselsatz (DR 268) einer 190er Hauptdüse und einer 52er Leerlaufdüse senkte ich den Spritverbrauch um 2,5 auf ca. 5 Liter und das Rußen bei Vollast hörte auf. Mit einer siebener statt der achter NGK-Zündkerze erreichte ich schließlich noch ein gesundes Kerzenbild (bei gleichbleibender Leistung). Seitdem habe ich auch keine Probleme mehr mit dem Ankicken.

Die nächste Anschaffung waren Heizgriffe und Hebelschützer. Wegen den Heizgriffen wird man zwar als Weichei verlacht aber schon bei Regen und erst recht im Winter sind sie unverzichtbar. Die Lichtmaschine erträgt es gelassen.

In meinem ersten Urlaub im Herbst 1994 traf ich auf der Asiettakammstraße zwei Saarländer, die beide ihre eigenen 91er LC 4 verkauft hatten weil sie ihre Startprobleme nie in den Griff bekamen. Außerdem sagten sie, daß sich der Aluendtopf bei Straßenbetrieb nach ca. 3.000 km selbst zerlegt. Nach diesem Urlaub konnte ich mit Glück noch den Aluauspuff verkaufen und einen Teil der Umrüstkosten hereinholen.

Mit der in Deutschland vorgeschriebenen Übersetzung 16/40 lief meine LC 4 stramme 170 km/h. Da der Competitiontacho bei 140 aufhört stehen auch nur 140 im Fahrzeugschein. Die Endgeschwindigkeit ermittelte ich mit einem Sigma Fahrradtacho, den ich wegen dem fehlenden Tageskilometeranzeiger montiert habe.

Das Motorrad wird immer ziemlich sportlich gefahren mit einer jährlichen Laufleistung von ca. 20000 km! Zu Pfingsten geht es immer nach Südtirol in die Dolomiten. Der Höhepunkt des Jahres ist aber der Herbsturlaub, wo es auf eigener Achse meistens bis in die Westalpen geht. Dort werden dann auf buckligen Asphaltstraßen Straßenmaschinen gejagt oder erlaubte Schotterstraßen bezwungen. Das Gepäck ist in einfachen Satteltaschen zum Überwerfen und im Tankrucksack untergebracht. Um Abstand zum Auspuff zu halten habe ich mir ein Alublech gebaut, das zwischen Auspuff und Plastikseitendeckel geschraubt wird. Zelt und Schlafsack kommen in einer Wasserdichten Gepäckrolle quer obendrauf. Ordentlich verzurrt kann man so eingeklemmt zwischen Gepäckrolle und Tankrucksack sogar ganz ordentlich fahren. Dann wird es allerdings schwer, die Maschine auf den Hauptständer zu wuchten. Diese Beladung geht auch nur mit Stahlheck. Ich fahre auch durch den Winter fast jeden Tag 35 km hin und zurück zur Arbeit. Außerdem steht es immer im Freien.

Zur besseren Kontrolle habe ich ein Einschraubölthermometer installiert. Die Öltemperatur überschreitet selten 90° Celsius.
Die auf Dauer etwas nervende durchrutschende Kupplung habe ich letztendlich nur durch Unterlegen der Federn mit je zwei Unterlegscheiben in der passenden Größe in den Griff bekommen. Dieser Trick hilft bei allen Motorradkupplungen ohne Nebenwirkungen!

Nun die wichtigsten Reparaturen im Lebenslauf von KTM 91 03 93133:
 

10.000 km

Scheinwerferreflektor blind! Scheinwerfer vom Nachfolgemodell ist etwas kleiner: bessere Kühlung durch den Schlitz zur Lampenmaske

20.000 km

94er Bremssattel und 320mm Bremsscheibe von Duke, beides gebraucht von KTM-Jäger, Bingen

30.000 km

Öl sickert seitlich durch einen Lunker aus dem Steuerkettenkasten

32.000 km

gebrauchten 15-l Tank für 150.- DM gekauft

35.000 km

Auspuffkrümmer gestohlen, ersetzt durch Laser Produro

37.000 km

MDS-Gabel von Bert von Zitzewitz überholt, geringeres Losbrechmoment durch andere Dichtringe

40.000 km

Regler und Kondensator erneuert

42.000 km

Auspufftopf von innen durchgerostet, ersetzt durch Laser Produro

50.000 km

Nockenwellenlagerschaden, Rillenkugellager und Nadelhülse sowie Führungsschienen ersetzt

80.000 km

Umlenklager der Schwinge ausgeschlagen, ersetzt durch Umbausatz von Bert von Zitzewitz mit anderen Hebelverhältnissen, dadurch bessere Progressivität mit dem Originalfederbein. Hintere Bremsscheibe durch Nachfolgemodell aus Edelstahl ersetzt

100.000 km

Versuchsweiser Anbau eines Scottoilers. Hinteres Federbein hat kaum noch Dämpfung wegen fehlendem Öl


Zu der vorderen Bremsanlage:
Die schönsten Stahlflexschläuche bringen nichts, wenn sich der Sattel unter dem Bremsdruck soweit aufbiegt, daß man es vom Lenker aus sehen kann. Schon nach kurzer Zeit paßt sich die Scheibe dieser Bewegung an und wird konkav, so daß die Bremsbeläge bald nur noch Linienberührung mit der Scheibe haben. Der wesentlich steifere Sattel von der 94er in Verbindung mit einer 320mm Duke Scheibe und organischen Belägen brachte den Durchbruch. Den Adapter aus 15mm dickem Aluminium habe ich selbst gebaut. Der TÜV hat’s nicht gemerkt.

Zu dem Nockenwellenlagerschaden:
Gerade beim Abstellen vor der Haustür wurde der Motor plötzlich sehr laut. Bei der Demontage stellte sich heraus, daß wohl irgendwie der Käfig des Rillenkugellagers zerstört wurde und sich dadurch die Nockenwelle absenkte. Wegen der Gefahr von Kantenpressung wechselte ich auch die Nadelhülse. Zuwenig oder zu heißes Öl als Ursache für den Lagerschaden kann ich ausschließen. Da ich den Motor nicht komplett zerlegen wollte, kaufte ich ein neues Lager und die Kunststoffführungsschienen für die Steuerkette. Ich sammelte alle Metallteile, die ich fand und wog sie. Bei ca. 98% des neuen Lagergewichts beschloß ich, daß den Rest die Ölfilter erledigen sollen! Ohne weitere Probleme lief der Motor jetzt weitere 50.000 km.

Zu den Radlagern:
Ab Werk werden C3 Lager (mit vergrößertem Radialspiel) eingebaut. Warum weiß wahrscheinlich kein Mensch. Ihr Einsatzzweck sind eigentlich sehr heiße Wellen um die Ausdehnung der Welle beim Erhitzen auf Betriebstemperatur zu ermöglichen. Da die Achswellen bei Motorrädern sich im Allgemeinen nicht erwärmen bleibt also das Spiel und das Lager kann genug Anlauf nehmen und sich so allmählich selbst zerstören. Aufgrund dieser Überlegung ersetzte ich die C3 Lager beim ersten Radlagerschaden durch normale und hatte seitdem Ruhe!

Zur Verarbeitungsqualität:
Daß man heute keine rostenden Bremsscheiben mehr verbaut ist klar. Auch verzinkte Speichen sind endlich aus der Mode gekommen. Da wurde bei KTM anno 1991 am falschen Ende gespart! Wenn man aber die Hintergründe des Jahres 1991 bei KTM kennt kann man nur froh sein, daß es KTM noch gibt.

Zu bemängeln ist auch die teilweise schlechte Qualität der Aluteile.
Obwohl bei meinen Betriebsbedingungen alle Teile gleichmäßig mit Salz beaufschlagt werden zerfallen einige der gesenkgeschmiedeten Teile in einen blätterteigartigen Zustand, der irgendwann einen Austausch nötig macht. Andere Teile bleiben dagegen auch nach nunmehr neun Jahren noch verhältnismäßig frisch. Einige gegossene Teile wie der linke Motorseitendeckel bekommen Narben die wie aufgeplatzte Lunker aussehen. Besonders nachteilig wirkt sich das auf die Ansatzstellen der Befestigungsschrauben aus, weil das Metall außen zuerst wegplatzt und so die Schraube schiefgedrückt wird. Da ist wohl bald ein neuer Deckel fällig...

Ungefähre Lebensdauer der Verschleißteile:
 

Hinterreifen Metzeler Enduro 3 120

4.000 km

Vorderreifen Metzeler Enduro 3 90/90

20.000 km

Kettenkit O-Ring offen, es brachen ganze Zähne weg!

10.000 km

Scheinwerferverspiegelung

10.000 km (mit H4-Birne)

Kettenkit O-Ring endlos

20.000 km

Tachowelle, Blinkrelais, Steuerkopflager

30.000 km

Schwingenlager

60.000 km


Beim Besuch der Intermot Motorradmesse in München auf Einladung von KTM bekam ich nun hochoffiziell die Urkunde über 100.000 km Laufleistung überreicht. Nach Aussage von Ing. Franz Haslinger, dem Leiter der Abteilung Kundendienst/Technische Dokumentation/Serienverbesserung, gab es wohl mal einen Langstreckentest über 40.000 km mit einem 620er Motor aber eine solche Laufleistung mit einem 600er Motor war bis dato nicht bekannt. Wer mehr auf dem Tacho hat kann sich ja melden.

Eine Nachfolgerin ist schon gekauft: Eine 1996er LC 4 620...

auch bei Petterweil
immer noch bei Petterweil

100.000 km auf einer 91er LC4!!!

bei Petterweil
Rast am Lac du Mont Cenis 1994
Die Urkunde: Jetzt ist es offiziell!
KTM '91